Wir lehnen den Haushalt 2025 ab

Unser Fraktionsvorsitzender Stefan Gerlach hält am 11.12.24 seine Haushalsrede. (c) GRÜNE NKS

Unsere Entscheidung, den Haushalt in diesem Jahr abzulehnen, ist uns nicht leichtgefallen. Insgesamt haben uns drei Argumente bei der Entscheidungsfindung geleitet: Während zum Teil zweifelhafte Ausgaben die Neuverschuldung in die Höhe treiben, verpasst die Gemeinde weiterhin die Möglichkeiten die Einnahmenseite zu stärken. Gleichzeitig werden reihenweise Entscheidungen der Ausschüsse und des Rats nicht umgesetzt. Aus unserer Sicht, kann das so nicht weitergehen.

Hier könnt ihr unsere Haushaltsrede nachlesen. Abweichungen zum Video auf der Gemeindehomepage (ab 2:16:15) haben sich spontan aus der Vortragssituation ergeben.


Sehr geehrte Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herrn der Verwaltung und des Rates, sehr geehrte Presse, sehr geehrte anwesenden und online (Streaming) Gäste

Für die Fraktion B90/Die Grünen, will ich versuchen, im Folgenden auf die finanzielle Situation der Gemeinde anhand nüchterner Zahlen, Fakten und kritischen Entwicklungen einzugehen und aus unserer Sicht zu bewerten.

Neuverschuldung und Schuldenstand auf neuem Höchstwert

Zunächst möchte ich kurz die finanziellen Rahmenbedingungen des vorliegenden Haushaltsentwurfs 2025 der Gemeinde aufzeigen. Zu allererst aber möchte ich mich bei unserem Kämmerer Herrn Hagen bedanken, der nicht nur jederzeit bereit ist, Auskünfte zu erteilen, sondern auch in einer der letzten Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses darstellte, wie sich die Lage seit dem ersten Haushaltsentwurf 2025 im Juli verschlechtert hat. Seitdem fehlen uns im Gemeindehaushalt weitere 1,8 Mio. Euro und damit erhöht sich der Verlust im Jahr 2025 von 2,7 Mio. Euro auf 4,5 Mio. Euro!

Der Haushaltsentwurf 2025 weist nun eine gesamte Neuverschuldung von rund 6,3 Mio. Euro für das Jahr 2025 und für 2026 von ca. 6,1 Mio. Euro aus. Nachdem die Gesamtverschuldung der Gemeinde im Jahr 2022 noch bei rund 95 Mio. Euro lag, sind wir im Jahr 2025 bei fast 120 Mio. Euro angekommen. Wir können uns noch gut erinnern, als wir hier im Rat den Haushalt 2022 debattierten und vor einem Anstieg der Verschuldung auf 100 Mio. Euro warnten! Das war für viele in Rat und Verwaltung nicht vorstellbar.

Der kürzlich vorgestellte Prüfbericht der „Gemeinde Prüfungsanstalt“ (GPA) weist jedoch auch schon für das Jahr 2022 auf die sehr hohe pro Kopf Verschuldung hin. Diese liegt nämlich nahe dem Höchstwert aller Kommunen in NRW.

Einhergehend – oder besser gesagt zusätzlich – zu dem Anstieg der Verschuldung, werden wir schon im Jahr 2026 unsere allgemeine Ausgleichsrücklage aufzehren. Der mittelfristige Verlust des gesamten Eigenkapitals wird derzeit nur noch durch die Möglichkeit der Ausweisung eines globalen Minderaufwands von 2% aufgehalten. Diese haushalterische Möglichkeit funktioniert nur, wenn im Jahr 2025 ca.1,3 Mio. Euro eingespart oder entsprechende Einnahmeverbesserungen erzielt werden. Ob diese Strategie jedoch überhaupt funktioniert, ist fraglich.

Der vorliegende Haushaltsentwurf versucht die äußerst angespannte finanzielle Situation der Gemeinde noch einige Zeit durch finanzpolitische Verschiebungen hinauszuzögern, aber das Haushaltsicherungskonzept (HSK) kommt unausweichlich und wenn wir ehrlich sind, ist die finanzielle Situation der Gemeinde heute eigentlich schon dramatisch. Wir schieben das Problem der Überschuldung nur vor uns her. Dieses Vorgehen ist gegenüber den kommenden Generationen nicht „gerecht“!

Bevor ich hier noch weiter mit großen Zahlen und finanztechnischen Begriffen bei vielen Zuhören für Verwirrung sorge, möchte ich die Situation kurz und knapp mit diesen Worten zusammenfassen:

Wir laufen sehenden Auges in eine Situation, in der alle Reserven aufgebraucht sind. Die zukünftigen Aufgaben der Gemeinde können dann nur noch durch weitere Steuer- und Abgabenerhöhungen zu Lasten der Einwohner aufgefangen werden!

Für die Haushalte kommt es dicke

Was bedeutet nun der derzeitige Haushaltsentwurf 2025 für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Gewerbetreibenden in der Gemeinde?

Ein Hebesatzanstieg der Grundsteuer B von 793 %-Punkten in 2024 auf 882%-Punkte (Grundsteuerreform: neu 870 %-Punkte) für 2025 bedeutet eine jährliche Mehrbelastung von rund 66,- € pro durchschnittliches Einfamilienhaus. Der für das Jahr 2026 geplante weitere drastische Hebesatzanstieg auf 999 %-Punkte führt zu einer weiteren jährlichen Mehrbelastung von ca.100,- € pro durchschnittliches Einfamilienhaus.

Leider tragen auch eine signifikante Erhöhung der Gebühren bei Schmutz-, Regen- und Frischwasser für das Jahr 2025 zu einer weiteren Verteuerung der Lebenshaltungskosten in unserer Gemeinde bei.

Immerhin, positiv zu bewerten bleibt an dieser Stelle, ein gleichbleibender Gewerbesteuersatz von 515 %-Punkten, der allerdings weiterhin einer der höchsten Gewerbesteuersätze in der Region ist!

Alles wird teuer – kann man zusätzlich Geld rauswerfen?

Wenn wir uns nun die Entwicklung der Kosten der Gemeinde genauer ansehen, so gibt es Posten, die wir größtenteils nicht in der Hand haben. Der starke Anstieg der Aufwendungen für Personalleistungen ist nicht hausgemacht, sondern größtenteils durch tarifliche Erhöhungen entstanden. Ebenfalls haben wir wenig Einfluss auf den erheblichen Anstieg der Allgemeinen Kreis- und der Jugendamtsumlagen.

Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Steuern und Abgaben sowie der damit einhergehenden Belastungen für die Haushalte in unserer Gemeinde und der Kosten, die außerhalb unseres Einflusses liegen, blicken wir mit Verwunderung auf die Ausgabentreiber in der Gemeinde. Es werden weiterhin Projekte betrieben, deren Kosten in die Höhe schießen oder, die wir uns einfach nicht leisten sollten und können.

Ein Beispiel der höchst problematischen Kostentreiber liefert die KulTurnhalle in Seelscheid! Anfang des Jahres 2023 wurde sie mit Gesamtkosten von ca. 5,0 Mio. Euro von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagen und vom Rat genehmigt. Heute im Dezember 2024, noch bevor wir den ersten Spatenstich gemacht haben, stehen wir bei 9,0 Mio. Euro. Vergleichbare Kostensteigerungen haben wir auch bei der Einfachsporthalle in Neunkirchen erfahren. Und auch beim geplanten Bau des Jugendzentrums sind schon die ersten Runden der Kostensteigerungen gelaufen. Wir wünschen uns in frühen Phasen der Projektierung eine realistischere Kosteneinschätzung.

Begrüßenswerterweise können wir uns wenigstens über 6,3 Mio. Euro Förderungsgelder für die KulTurnhalle freuen. Jedoch, auch Fördergelder sind Steuergelder.

Ein weiteres Beispiel unnötiger Ausgaben sind für uns Teile des Straßenausbauprogrames der Gemeinde. Hier wurden in diesem Jahr Straßen zum Ausbau vorgeschlagen, die aufgrund äußerts geringer Anwohnerzahlen wenig oder so gut wie gar nicht frequentiert werden. Es wurde sogar der Ausbau einer Straße für mehrere Hunderttausend EURO vorgeschlagen, die weder für den Durchgangsverkehr relevant ist noch einen einzigen Anwohner hat.

Kommen wir zu unserem Dauerkritikpunkt, den Kosten der Aquarena, insbesondere des Fitnessbereichs.

Seit dem Haushalt 2022 haben wir in jeder Haushaltsdebatte auf die Verluste der Aquarena, hier insbesondere im Fitnessbereich, hingewiesen! Selbstverständlich halten auch wir den Bereich Schwimmbad als „systemrelevant“ für unsere Gemeinde und akzeptieren hier ein unvermeidbares Defizit im laufenden Betrieb. Wir GRÜNEN erachten das Schwimmenlernen als Daseinsvorsorge. Auch im Fitnessbereich sehen wir eine Bereicherung für unsere Gemeinde, gerade auch bei fehlenden Freizeitangeboten für unsere Jugend und unter dem Gesundheitsaspekt im Alter. Die vorab aufgezeigte finanzielle Situation der Gemeinde lässt jedoch einen dauerhaften Fitness-Verlustbringer nicht zu! Die von uns alljährlich bei der Verwaltung eingeforderte Maßnahme, hier eine substanzielle wirtschaftliche Verbesserung herbeizuführen, hat bis heute nicht gefruchtet.

Basierend auf Ratsbeschlüssen in den Jahren 2022 und 2023 sollte zur Minimierung der Verluste der Aquarena ein tragfähiges Zukunftskonzept vorgestellt werden.

Ein erster Entwurf eines Zukunftskonzepts wurde in Jahr 2023, ein zweiter Mitte 2024 zur Beratung vorgelegt. Beide Entwürfe wiesen derartige Mängel auf, dass diese von der Verwaltung zurückgezogen wurden.

Ein dritter Entwurf eines tragfähigen Konzeptes ist derzeit in Arbeit und soll den Gremien im ersten Quartal 2025 vorgestellt werden. Das wäre dann drei Jahre nach dem entsprechenden Ratsbeschluss. Drei Jahre, in denen die Aquarena Verluste in Millionenhöhe angehäuft hat, und die Kundenzufriedenheit dem Vernehmen nach gelitten hat.

In dem vorliegenden Haushaltsentwurf 2025 sind für die Aquarena Änderungen im Stellenplan hinterlegt und zusätzliche Kosten für Verschönerung- und Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von rund 340.000 Euro aufgeführt. Diese Maßnahmen entsprächen einer Grundsteuer B Hebesatz-Erhöhung von rund 40 Prozentpunkten. Und dies ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept.

Alleine 105.000 Euro werden hier für die Modernisierung von Böden und Wänden im Saunabereich eingestellt. U.a. sollen hier die Bodenfliesen aufgrund der nicht mehr zeitgemäßen Farbgebung erneuert werden. Der Boden, die Fliesen, sind aber dem Augenschein nach in einem tadellosen Zustand. Diese Maßnahme ist gelinde gesagt weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll.

Wir fragen uns, warum solche Überlegungen vor dem Hintergrund der Haushaltslage überhaupt ihren Weg in den Haushaltsentwurf finden.

In diesem Zusammenhang möchten wir bemerken: Auch wir sind für die Eröffnung der Sauna, weil sie für einige Bürgerinnen und Bürger wichtig erscheint! Allerdings darf die alleinige Wiederinbetriebnahme nicht mit Kosten von weit mehr als 100.000 Euro zu Buche schlagen. Zuletzt wies die Sauna im Betrieb jährliche Verluste in 5-stelliger Höhe aus, daher muss dieses Angebot wirtschaftlich darstellbar sein.

Zusammenfassend kann zur Causa Aquarena gesagt werden: Dem Rat liegt weiterhin kein wirtschaftlich tragbares und zukunftsfähiges Gesamtkonzept vor. Dafür weist der Bereich Aquarena in der vorliegenden Planung inklusive der aktuellen Änderungen für das Jahr 2025 weiterhin Verluste in einer Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. Euro aus (wobei allein auf den Bereich Fitness 0,7 Mio. € fallen inclusive der geplanten Modernisierung).

Somit ist die Aquarena nicht nur ein Beispiel vermeidbarer Kostentreiber, sondern auch ein Beispiel mangelnder Aufmerksamkeit seitens der Verwaltung für die durch politischen Gremien gestellten Anträge und gefassten Beschlüsse.

Beschlossene Entscheidungen werden vertrödelt

Unser Antrag zur Erstellung eines Radwegekonzepts wurde beispielsweise schon im Jahr 2021 beschlossen, u.a. auch in der Kenntnis, dass Land und Bund zahlreiche Förderprogramme (Fördergelder) für den Fahrradwegeausbau anbieten. Anfang des Jahres 2023 wurde dieser dann endlich in Angriff genommen. Immerhin, eine Konzeptstudie wurde in Auftrag gegeben und lieferte ausgezeichnete, umfangreiche Vorschläge für sichere Fahrradwege entlang der Hauptortsachsen von Neunkirchen und Seelscheid sowie für eine Verbindung zwischen den beiden Hauptorten.

Jedoch, trotz einer Auswahl und Priorisierung der einzelnen Lösungsvorschläge seitens der Politik im Frühjahr 2024, sind auch im Haushalt 2025 keine Gelder für den Fahrradwegeausbau enthalten! So werden im kommenden Jahr wahrscheinlich kaum Maßnahmen umgesetzt werden. Und dies, obwohl wir alle wissen, dass Fahrradfahrer, insbesondere Kinder und Senioren sowohl in Seelscheid als auch in Neunkirchen gerade auf den Hauptdurchgangsstraßen einem erheblichen Gefahrenpotential ausgesetzt sind!

Ein weiteres Beispiel: Unser Antrag „Auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035“, der im Januar 2022 beschlossen wurde. Dieser soll helfen den langen und schwierigen Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen und begleiten. Mit diesem Beschluss erhält die Gemeinde die Gelegenheit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, noch bevor sie dazu vom Bund oder der EU verpflichtet wird. Hierzu haben sowohl die Gemeindeverwaltung als auch der Rat im Jahr 2023 die Notwendigkeit der Einstellung eines Klimamanagers erkannt. Mit dem Haushalt des vergangenen Jahres wurde hierfür die Position im Stellenplan der Gemeinde geschaffen. Jedoch, bis heute ist diese Position nicht besetzt worden.

Die Aufgabe eines Klimamanagers ist u.a. dafür Sorge zu tragen, dass wir die gemeindlichen Gebäude mit Hilfe von Fördergeldern energieeffizienter für die Zukunft aufstellen, und damit nicht nur sparsamer mit unseren Ressourcen umgehen, sondern auch die laufenden Energiekosten erheblich reduzieren.

Wie wär’s damit, jenseits der Steuern etwas Geld zu verdienen?

Während einerseits unnötig Geld ausgegeben wird, wird gleichzeitig verpasst die Einnahmenseite der Gemeinde zu stärken: Auch in diesem Jahr sind wir dem Beitritt (oder der Gründung) zu einer Energiegenossenschaft keinen Schritt nähergekommen. Wobei, andere Kommunen und deren Einwohner schon an dem Ausbau erneuerbarer Energien verdienen und Ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Ein weiteres Beispiel: Die Anbahnung des Verkaufs des alten Feuerwehrgeländes im Zentrum von Neunkirchen durch einen „Ideenwettbewerb“, fristet seit Jahren ein Dasein auf der Resteliste des Ortsentwicklungsausschuss. Es wird Seitens der Verwaltung auf den Umzug der Feuerwehr gewartet. Aber, aus unserer Sicht könnte der Wettbewerb schon längst initiiert sein und der zukünftige Investor mit dem zeitaufwendigen Planungs- und Genehmigungsverfahren begonnen haben!

Genug ist genug!

Die u.a. hier von uns vorgetragenen Punkte erlauben es uns, der Fraktion B90/DIE GRÜNEN, nicht, den vorliegenden Haushalt 2025 in seiner derzeitigen Form zuzustimmen.

Wir wollen und müssen jetzt nach vorne schauen. Wir müssen unsere finanziellen Probleme, am besten gemeinsam und jetzt angehen. Ein Weiter-So auf Kosten der nächsten Generationen, treibt uns letztendlich in eine Sackgasse.

Aus unserer Sicht müssen wir jetzt Haushalte aufstellen, die nicht unbedingt notwendige Ausgaben vermeiden und ggf. in Maßnahmen investieren, die zukünftige Einnahmen generieren! Es bedarf einem ehrlichen Fahrplan aus der finanziellen Krise der Gemeinde.

U.a. die folgenden Punkte gehören für uns unbedingt in diesen Fahrplan und möglichst schon in den Haushalt 2025:

  1. Ein professionelles Zukunftskonzept für die Aquarena, insbesondere des Bereichs „Fitness“, um zukünftige substanzielle Verluste zu minimieren und zeitnah einen profitablen Betrieb des Fitnessbereiches zu gewährleisten.
  2. Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität und sicherer Fahrradwege.
  3. Alle weiteren denkbaren Maßnahmen zur Kostenvermeidung sowie der Einnahmenverbesserung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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