Am Dienstag der vergangenen Woche stand im Ausschuss Ortsentwicklung eine Vorlage zum Beschluss auf der Tagesordnung, welche im Ergebnis dazu geführt hätte, dass ein Abriss der kleinen Einfachsporthalle an der Grundschule in Seelscheid und ein entsprechender Neubau in der unmittelbaren Nachbarschaft besiegelt worden wäre. Wir konnten dieser Vorlage im Ausschuss vorerst nicht folgen. Wir wollen stattdessen, dass den Lippenbekenntnissen zum Klimaschutz endlich Taten folgen.
Auch mit den Stimmen der GRÜNEN wurden in der Vergangenheit große Bauprojekte in Neunkirchen-Seelscheid auf den Weg gebracht. Ob beim Bauhof, beim Anbau des Feuerwehrhauses in Seelscheid, dem Neubau der Feuerwehr in Neunkirchen, beim Selbstlernzentrum oder bei der Einfachturnhalle in Neunkirchen haben wir immer darauf vertraut, dass bei der Umsetzung der Projekte Aspekte eines nachhaltigen Klimaschutzes konsequent umgesetzt würden. Das ist nicht der Fall. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass bei diesen Projekten die „günstige Gelegenheit“ die treibende Kraft ist. Ewig locken Fördermittel oder Kooperationsmöglichkeiten und tragen auf diese Weise dazu bei, dass sich die Beteiligten Denkmäler setzen, für die zukünftige Generationen teuer bezahlen müssen (leider im doppelten Sinne).
Auch beim Projekt KulTurnhalle ist dieser Reflex eindrucksvoll erkennbar: Es gibt Geld durch das integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), der Eigenanteil der Gemeinde liegt bei nur 20% und diese 20% werden als Investitionen so verbucht, dass sie erst in vielen Jahren im Haushalt ins Gewicht fallen. Offenbar werden alle weiteren Überlegungen dieser vermeintlich „günstigen Gelegenheit“ untergeordnet. Anders ist nicht zu erklären, dass am vergangenen Dienstag in der Vorlage der Verwaltung keine Silbe über eine tatsächliche Notwendigkeit eines Neubaus einer Sporthalle auftaucht. Es gibt keinen Hinweis auf ein Nutzungsprofil einer neuen Turnhalle gegenüber der alten. Es gibt keine Hinweise über den baulichen Zustand der angeblich sanierungsbedürftigen alten Turnhalle. Und es gibt keine Abwägungen über die klimatischen Auswirkungen des Bauprojekts, obwohl eine einstimmige Entscheidung des Rats vom September 2019 diese für Entscheidung derartiger Beschlüsse zwingend vorsieht. Man könnte an dieser Stelle sicherlich die Frage in den Raum werfen, ob die Gemeinde gut beraten ist, ein derartiges Projekt anzustoßen, wenn sie einem Ausschuss noch nicht einmal eine ausreichend ausführliche Beschlussvorlage vorlegen kann. Aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass der gesamte Fokus bei derartigen Projekten verzerrt ist.
Damit muss Schluss sein. Wir haben an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass 40% der direkten und indirekten CO2-Belastungen durch das Bauen entstehen. Der Bausektor ist ein entscheidender Faktor bei der Klimabelastung. Allein die Herstellung von Beton ist global für 7% der Treibhausgasbelastungen verantwortlich. Die durch Gebäudeabrisse verursachten Abfallströme betragen in Deutschland 215 Million Tonnen.
In Seelscheid steht eine Einfachsporthalle. Die ist offenbar so marode, dass sie nach Ansicht der Befürworter der KulTurnhalle abgerissen werden muss. Die Schule, die an der Sporthalle dranhängt, ist aber seltsamerweise tipp-topp (oder wartet hier das nächste Großprojekt?). Wurde bei der Instandhaltung des Gebäudekomplexes Grundschule, der eine Gebäudeteil gegenüber dem anderen so vernachlässigt, dass die einzige Lösung im Abriss der Sporthalle liegt? Der Verwaltung wird es nicht schwerfallen darzustellen, dass eine Sanierung der Sporthalle wirtschaftlich unterm Strich betrachtet, teurer sein wird als ein Neubau. Daran haben wir keinen Zweifel.
Wir erwarten aber eine Abwägung nicht nur auf der Grundlage der Wirtschaftlichkeit, sondern auch auf Grundlage der Nachhaltigkeit. Möglicherweise stellt sich dann heraus, dass eine nachhaltige Lösung teurer ist als ein Neubau. Es liegt aber in unserer Verantwortung, endlich auch auf der Ebene der Gemeinde damit anzufangen, zukünftigen Generation eine Umwelt und ein Klima zu bewahren, welches qualitativ nicht schlechter ist als das gegenwärtige. Deutschland hat sich in diversen internationalen Verträgen zu einem aktiven Klimaschutz und zur Klimaneutralität verpflichtet. Dieser Klimaschutz muss letztlich auf kommunaler Ebene beginnen. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, damit endlich anzufangen.
Nun ist der Antrag KulTurnhalle in die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss am 02. Februar geschoben worden. Dort gehört er unserer Ansicht nach überhaupt nicht hin. Es handelt sich bei der Abwägung über ein Für und Wider der KulTurnhalle um eine Frage der Ortsentwicklung oder des Umweltschutzes. Aber die Zeit drängt. Man will eine Entscheidung, noch vor der Verabschiedung des Haushaltes, damit Geld für die Vorbereitung des Förderantrags da ist. Die Verwaltung wird in der Kürze der Zeit flickschusterartig ein paar Zahlen in die Vorlage werfen, um darzustellen, dass das Projekt wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Den Erfahrungen aus der Vergangenheit folgend, wird damit zu rechnen sein, dass dies CDU und SPD reichen wird, um dem Projekt zuzustimmen. Das grüne Mäntelchen aus dem Wahlkampf wird dann für alle sichtbar abgelegt worden sein.
Nebenbei: Unsere Position basiert nicht auf einer Geringschätzung der Arbeit und der gesellschaftlichen Aufgabe unserer Sportvereine. In diesem Sinne möchten wir darum bitten, dass die Diskussion um das Projekt KulTurnhalle nicht für eine Existenzdebatte um unsere Sportvereine missbraucht wird. Auch GRÜNE und deren Wählerinnen und Wähler sind in unseren Sportvereinen engagiert und profitieren von dem reichhaltigen Angebot. Dies entbindet uns aber nicht von der Aufgabe ein Regulativ im Sinne des Klimaschutzes darzustellen. Was nutzt am Ende Fitness, wenn wir sie nicht mehr in einer gesunden Umwelt genießen können?
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